[LOGO] Der Radiopraktiker  Galerie der Early Praktiker: Erlebnisse unserer Leser in ihrer Frühzeit der Elektronik

[BILD] Dr. Hansjörg Mair

Dr. Hansjörg Mair

Kufstein, Tirol (A)

Dr. Hansjörg Mair

Ihr Wunsch ist mir Befehl. Ich bin einer von den ganz alten Hasen, Jahrgang 1935. Schwankend ob ich "Schwachstrom-Technik" oder Chemie studieren sollte, habe ich mich dann doch für Letztere entschieden. Nach meinem Doktorat und etlichen Jahren Tätigkeit an österreichischen und amerikanischen Universitäten ging ich für gut 25 Jahre bis zu meiner Pensionierung in die pharmazeutische Industrie.

Meine erste Beilage "Hier spricht der Funktechniker" zu Fufi ist 53/1948. Geschlossen habe ich den "praktiker" seit der Nummer 16/1952 bis heute. Das war im Übrigen nicht immer ganz so leicht: In den frühen 50er-Jahren wurde eine Nummer von Fufi im Heiligen Land Tirol verboten, da sich darin ein etwa 2cm großes seitliches Nacktphoto von Marilyn Monroe befand. Es machte ziemlich Mühe, das betreffende Exemplar aus Salzburg zu besorgen.

"praktiker" hat mich also ein Leben lang begleitet. Zwar habe ich auch als Teenager sehr selten ein Gerät genau nachgebaut, aber einen guten Teil meiner frühen Elektonikkenntnisse habe ich daraus bezogen, sowie unzählige Tipps und Anregungen durch Jahrzehnte.

Seit etwa meinem zwölften Lebensjahr habe ich andauernd an etwas gebaut, für die Familie, für Freunde und Verwandte. Manchen Schilling habe ich mir auch durch Radioreparaturen auf dem Land verdient (die Verstösse gegen die Gewerbeordnung sind inzwischen verjährt).

Ich besitze aus jener Zeit noch einen Lötkolben mit einem 10 Meter langen Kabel. So weit lagen damals in Bauernhöfen die Steckdosen auseinander.

Später habe ich meine Kenntnisse auch noch im Beruf ganz gut verwenden können. So manche Elekronik für ein Analysengerät in chemischen Instituten stammt von mir. Für die Klinik Innsbruck habe ich einmal ein Schmerzmess-Gerät gebaut (Davon ist nur mehr der Schaltplan erhalten).

In USA lernte ich dann den Umgang mit Groß-Computern. In der Industrie habe ich später noch Kleinigkeiten selbst gebaut, bis ich dann dazu keine Zeit mehr hatte und ein Selbstbauen auch obsolet wurde.

Heute habe ich ein Labor mit einem Gerätepark, von dem ich in den 50er/60er-Jahren nur träumen konnte. Manchmal kann man noch eine Kleinigkeit erledigen, aber die Zeit des Kolophoniumdufts ist endgültig vorbei. Das Zusammenstecken von Kabeln und Umschaufeln von Dateien macht mir wenig Spaß und ich verstehe auch recht wenig davon. In der Röhren-Zeit aufgewachsen, geht es mir wie dem alten Droschkenkutscher, der immer noch von seinen Gäulen schwärmt, obwohl er natürlich weiß, dass ein Auto mit Dieselmotor zweckmäßiger ist.

Nun zu den eigentlichen "praktiker"-Nachbauten:

Das älteste noch vorhandene Gerät ist der "Große Multivibrator" aus dem August-Heft 1952. Zum Bau ist nichts besonderes zu sagen. So sahen Verdrahtungen aus, als noch der Topfsockel regierte. Ich habe es in Wechselstromtechnik gebaut, der Trafo ist wie immer in diesen Zeiten auf der Handbohrmaschine gewickelt. Das Gehäuse ist aus mit Natronlauge gebeiztem Aluminiumblech.

Das Gerät diente mir jahrelang als Signalquelle im HF- und NF-Bereich. Es funktioniert heute noch. Die Kurvenform ist allerdings ein recht eigenwilliges Rechteck.

Nach dem Weltkrieg waren in Österreich kleine Drehfeldgeber aus Heeresbeständen bei Bastlern sehr beliebt. Mit einem Phasenschieber-Kondensator waren sie als Wechselstrom-Motorchen mit 15-25 V verwendbar. "Radiopraktiker" brachte damit im Juli 1954 einen kleinen Tischventilator namens "Windbaby" heraus. Im Dezember 1954 stellte ein Leser eine wesentlich verbesserte Variante namens "Super-Windbaby" in die Zeitung. Den habe ich nachgebaut und wie das Photo zeigt, schnurrt er heute noch.

Geradezu genial war die Materialauswahl: Als Basis diente eine Aluminium-Mehlschaufel mit abgeschnittenem Stiel. Der Knopf zur Höhenverstellung ist ein Schubladengriff, seine Beilagscheibe ging in die Propellernabe ein. Das Motorgehäuse ist ein Waschbecken-Syphon, die Propellerflügel sind aus einem Zahnputzbecher geschnitten.

Alt ist auch noch mein Röhrenvoltmeter aus dem "Radiopraktiker" vom Dezember 1956.

Bemerkenswert an meinem Nachbau ist allenfalls die selbst aus Messing gedrehte Buchse für das Signalkabel sowie der aus Plexiglas und Pertinax selbst gefertigte Schiebeschalter. Dieses Gerät habe ich viel und lange Jahre verwendet, bis es schliesslich den Digitalinstrumenten mit FET-Eingang weichen musste. Funktionieren tut's heute noch.

Schlussendlich zeige ich Ihnen noch als Beispiel für ein von "praktiker" inspiriertes Gerät einen "Groß-Super", den ich 1952/53 mit Stahlröhren gebaut habe. Während ein normaler Super damals 6 Kreise hatte und nur besonders gute Geräte 7 (HF-Vorstufe), war das ein Neunkreiser mit 2 Zwischenfrequenzstufen, was u.a. eine Vorwärts-Schwund-Regelung ermöglichte. Entsprechend toll war auch die Empfangsleistung. Er diente uns fast zwei Jahrzehnte als Familien-Radio.


[BILD] Early Praktiker Dr. Hansjörg Mair / 1

Dr. Hansjörg Mair: Der "Große Multivibrator" aus dem August-Heft 1952 ist das älteste noch vorhandene Gerät.


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Dr. Hansjörg Mair: "Großer Multivibrator", geöffnet.


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Dr. Hansjörg Mair: Blick von unten auf die Verdrahtung des Multivibrators.


[BILD] Early Praktiker Dr. Hansjörg Mair / 4

Dr. Hansjörg Mair: Das "Super-Windbaby" war eine von einem Leser eingesandte Verbesserung eines von "Der Radiopraktiker" als Bauvorschlag "Windbaby" vorgestellten Tischventilators. Genial: Der Sockel ist eine umgedrehte Aluminium-Mehlschaufel mit abgeschnittenem Griff, das Motorgehäuse ist ein Waschbecken-Siphon ...


[BILD] Early Praktiker Dr. Hansjörg Mair / 5

Dr. Hansjörg Mair: Röhrenvoltmeter aus dem "Radiopraktiker" vom Dezember 1956


[BILD] Early Praktiker Dr. Hansjörg Mair / 6

Dr. Hansjörg Mair: Ein von "Radiopraktiker" inspirierter "Groß-Super", den ich 1952/53 mit Stahlröhren gebaut hatte.


[BILD] Early Praktiker Dr. Hansjörg Mair / 7

Dr. Hansjörg Mair: Blick von hinten in das Gehäuse des "Groß-Super".


[BILD] Early Praktiker Dr. Hansjörg Mair / 8

Dr. Hansjörg Mair: Ein Foto aus der Jugendzeit.


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